Psychische Beanspruchung am Arbeitsplatz
Physische Belastungen am Arbeitsplatz wie Heben, Tragen, Sitzen oder Bewegen sind hinlänglich bekannt. Ebenso kennt man äussere Belastungen wie Lärm, Klima, Vibration, Licht, oder Strahlen.
Weniger bekannt sind die psychischen Belastungen. Sie sind nicht direkt messbar, sondern werden auf Befragungen des Mitarbeitenden ermittelt: sehr zufrieden – eher zufrieden – teilweise zufrieden – eher nicht zufrieden – nicht zufrieden. Psychische Gefährdungen sind etwa ein schlechtes Teamklima, ein unangemessenes Führungsverhalten, oder eine von eher negativem Menschenbild geprägte Unternehmenskultur. Weitere Stressoren können das Fehlen eines klaren Organigramms mit klaren Aufgaben-, Kompetenzen- und Verantwortlichkeitsverteilung sein. Klarheit hilft, seine Platz ausfüllen zu können. Wo hingegen ein Verdrängungswettbewerb oder Mobbing herrscht, entsteht Misstrauen statt Vertrauen. Das eigentliche Ziel der Arbeit gerät ausser Sicht, weil die Psyche belastet ist.
Dabei unterscheidet die Psychologie zwischen äusserer Belastung und innerer Beanspruchung. Zwei Mitarbeitende können derselben psychischen Belastung ausgesetzt sein. Doch während der eine auf Ressourcen zurückgreifen kann, gelingt das dem anderen nicht. Darum ist seine Beanspruchung viel höher als von Ersterem.
Solche Beanspruchungen haben Einfluss auf unsere Energie. Unsere Gedanken, Gefühle, die inneren Funktionen des Körpers, das Muskelsystem und letztlich unser Verhalten wird von den Stressoren bestimmt. Das können äussere Belastungsfaktoren wie Zeitdruck, aber auch innere Fehlbeanspruchungen wie Angst sein. Dabei bedeutet Stress zu erleben, dass unser Körper unter Adrenalin kommt. Der Kreislauf arbeitet auf Hochtouren und Stoffe werden freigesetzt, die den Körper schmerzunempfindlich machen. Das führt dazu, dass wir uns unter Stress häufig ganz gut fühlen. Erst in der Erholungsphase sacken wir zusammen.
Unter Stress produziert unser Körper zudem mehr Eiweiss, um kommenden Blessuren wirkungsvoll heilen zu können. Zündelherde und allergische Reaktionen entstehen. Was aber, wenn der Stress durch die Arbeitsbelastung nicht aufhört? Dann arbeitet der Körper weiterhin unter Hochdruck, was unser Immunabwehrsystem schwächt. Infekte und chronische Erkrankungen sind die Folge: Magengeschwüre, Rückenbeschwerden, Kopfschmerzen, usw.
Bleibt der Stress erhalten, droht ein Burnout – man brennt aus. Stress bewirkt bei Burnout ein von permanenten Frustration negativ gefärbter emotionaler Zustand. Depression, Süchte, Gewaltbereitschaft, Motivationsverlust, oder innere Kündigung können die Folge sein. Dabei liegt der Ursprung oft nicht beim Mitarbeitenden, sondern am Arbeitsplatz selbst, wie bei der Unternehmensleitung, an der Organisationskultur, am Führungsverhalten, am Teamklima usw.
Kann ein Mitarbeiter hingegen auf Ressourcen zurückgreifen, wirkt die Belastung weniger als negative Beanspruchung. Die Frage stellt sich entsprechend: Erlebt er Sinnerfüllung bei der Arbeit? Hat er Handlungs- und Entscheidungsspielraum? Ist eine Aufgabenvielfalt da? Hat er Entwicklungschancen? Kann er sein Potential ausschöpfen? Stärkt ihn sein Team? Ist soziale Sicherheit da? Wird ihm vertraut? Wird emphatisch auf ihn eingegangen, z. B. in Jahregesprächen? Sind die Abläufe klar? So kann sich Selbstvertrauen, das Selbstwertgefühl und die innere Widerstandsfähigkeit aufgebaut werden. Motiviert, arbeitet man lösungsorientiert. Und nach der Arbeit kann rasch heruntergefahren werden, die Nächte verbringt man nicht wachend.
Das neue Jahr 2022 beginnt. Was sind deine Wünsche, ja sogar Vorsätze für das neue Jahr? Willst du Dinge offen ansprechen? Braucht es einen Wechsel der Arbeitsstelle, der Führung der Mitarbeiter usw.
Was muss sich ändern? In der Regel hat es einen Ursprung, dass man die Dinge nicht schon eher angegangen ist. Man ist betriebsblind geworden oder hat resigniert. Dann braucht es die Hilfe eines Coaches oder eines Mediators. Lass es dir nicht beschämend sein, Hilfe anzufordern. Das Beratungs- und Coachingzentrum „Praxis Mittelpunkt“ bietet dir kompetente Fachpersonen. Vereinbare einen Termin.
Dr. theol. Florian Sondheimer
Betrieblicher Mentor mit Eidg. FA / Dipl. Coach SCA / Dipl. GPI Team-Coach